Israel gebraucht
die latente Wasserknappheit im Nahen Osten als politische Waffe.
Während der Besetzung des Westjordanlandes diente sie noch
der Schwächung des eroberten Nachbarstaates, heute will Israel
dem Terrorismus buchstäblich das Wasser abgraben. Von der Zerstörung
der Leitungssysteme und dem massiven Zugriff auf die Grundwasserreserven
sind freilich nicht nur vermeintliche Terroristen betroffen, sondern
vor allem die Zivilbevölkerung. Doch Israels Vorgehen hat nicht
nur politische, sondern auch existenzielle Gründe. Rechnerisch
steht jedem Bewohner der Region nur ein Drittel der Wassermenge
zur Verfügung, die von der WHO als volkswirtschaftlicher Mindestbedarf
eines jeden Landes angesehen wird.
Der
Traum von der blühenden Wüste
Ben-Gurion,
der Gründungsvater Israels, hatte den Traum, die Wüste
Negev fruchtbar zu machen. Dies ist ein Traum geblieben. Zwar ist
es Israel 1967 mit der Besetzung des Golans gelungen, das Wasser
des oberen Jordans zur Bewässerung der Wüste umzuleiten
und dort seine hoch technolo-gisierte, aber Unmengen von Wasser
verschlingende Landwirtschaft aufzubauen. Aber Israel spürt
längst die Folgen jahrelanger Überpumpung seiner Quellen.
Nun wird versucht, Wasser und auch Abwässer zu recyceln.
Das löst
aber noch lange nicht die dauerhafte Sicherung der Trinkwasserversorgung.
Denn Israel stehen nur drei Oberflächenquellen zur Verfügung:
der See Genezareth, sowie zwei Schichten von Frischwasser, eine
an der Küste und eine im West Bank. Alle liegen schon seit
Jahren bei einem gefährlich niedrigen Wasserspiegel. Dem immer
weiter zurückgehenden Niederschlag versucht man mit der künstlichen
Anreicherung der Wolken zu begegnen, aber auch mit dem teuren Import
von Wasser. Israel pumpt also weiterhin das Grundwasser unter dem
Westjordanland ab, aus Not und im Bewusstsein über dessen Bedeutung.
Völkerrechtlich steht dies aber den Palästinensern zu.
Konsequenzenloses
Völkerrecht
Die UN-Charta
von 1966, die auch von Israel ratifiziert wurde, besagt, dass alle
Völker für ihren eigenen Gebrauch über ihre natürlichen
Ressourcen verfügen können. (...) Auf keinen Fall dürfen
einem Volk seine Existenzmittel entzogen werden. Obwohl die
Vereinten Nationen Israels Vorgehen bereits 1983 verurteilt haben,
beteuert Israel weiterhin, das Wasser gemäß dem Osloer
Interimsabkommen von 1993 zuzuteilen. Eventuelle Mängel seien
ein Verteilungsproblem der Palästinenser. Dem ist entgegenzuhalten,
dass die Autonomiebehörde das Wasser, das Israel unter dem
Westjordanland abpumpt, von der staatlichen israelischen Wassergesellschaft
Mekorot bezieht, also zurückkaufen muss.
Das Abkommen
von Oslo berücksichtigt zudem das Bevölkerungswachstum
nicht und sieht auch bei der Verteilung keine Hilfe vor. Die Leitungssysteme
im Westjordanland sind während über 30 Jahren Besatzung
beschädigt worden und überaltert. Die örtlichen Behörden
sind mit der Instandsetzung überfordert. Als Folge davon gibt
es nur zu bestimmten Tagen im Monat - wenn überhaupt - fließendes
Wasser, ansonsten muss es zu völlig überzogenen Preisen
von mobilen Wassertrucks oder sogar von den gut versorgten Siedlern
gekauft werden.
Dass die Region
nur mit einer länderübergreifenden Kooperation zu Frieden
kommt, scheint offensichtlich. Eine Einigung gab es bisher nur im
Konflikt mit Jordanien, weil Israel dem Land schließlich zugestand,
in Trockenzeiten auf den See Genezareth zuzugreifen. Doch das war
1994 unter Jizak Rabin, ein Jahr vor dessen Ermordung.
Zum
Inhaltsverzeichnis
|